In zahlreichen bayerischen Städten fanden am vergangenen Wochenende Demonstrationen gegen das Abkommen ACTA („Anti-Counterfeiting Trade Agreement“) statt, einem Handelsabkommen „zur Bekämpfung von Produkt und Markenpiraterie“. In ganz Bayern waren über 10.000 Menschen, unter ihnen auch zahlreiche Jusos, auf den Beinen. Doch auch international wurde in vielen Städten protestiert. „Es ist ein Thema, das vor allem die junge Generation politisiert, aber eigentlich jeden und jede angeht“, so der Juso-Landesvorsitzende Philipp Dees „Wir finden das Abkommen nicht nur unerhört, wir begrüßen auch insbesondere, dass sich viele Menschen für ihre politischen Ziele einsetzen.“
Bei ACTA geht es vor allem um Urheberrecht und Urheberrechtsverletzungen im Internet. Das Abkommen wurde Ende Januar von Staaten und Staatengemeinschaften unterzeichnet. Die Jusos Bayern, wie auch die Europaabgeordneten der SPD, bemängeln insbesondere, dass die fünf Jahre dauernden Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden. Selbst jetzt haben die Abgeordneten für die Verhandlungen im europäischen Parlament noch nicht die vollständigen Unterlagen. „Es ist unerhört, dass die Kommission in dieser Art ihre Transparenzpolitik verrät. Es kann nicht sein, dass ein derart weit tragendes Abkommen ohne das Wissen der Öffentlichkeit festgezurrt wird“, so der Juso-Landesvorsitzende Philipp Dees. Die Menschen, die gegen das Abkommen auf die Straße gehen, fürchten vor allem ein Ende des freien Internets. „ACTA ist nicht das Ende des Internets, würde es aber massiv verändern“, stellt die netzpolitische Sprecherin der Jusos Bayern, Doris Aschenbrenner, fest. Das Abkommen sei der Versuch, Urheberrecht einheitlich zu definieren und Verstöße massiv zu verfolgen. Letzteres sei vor allem das Interesse der großen Verbände und Firmen der Musik- und Filmindustrie. „Das Nachdenken über notwendige Reformen des Urheberrechts darf nicht derart einseitig erfolgen“, so Aschenbrenner. Sie appelliert ebenfalls daran, die kompletten Unterlagen des Abkommens zu veröffentlichen und die Diskussion ergebnisoffen zu führen. Denn sie teilt die Befürchtungen der Internetgemeinde: „Wir Jusos stellen uns insbesondere gegen repressive Überwachungsmethoden wie die 3-Strikes Methode.“ Bei letzterer werden die Zugangsprovider und Anbieter von Webdienstleistungen verpflichtet, Urheberrechtsverstöße zu überwachen, Verstoßende zu melden und Verstöße auch durch Dienstleistungsentzug ahnden. „3-Strikes steht zwar nicht im bislang bekannten Vertragstext – dort steht gar nichts Explizites zu Methoden – aber es gibt bereits ein Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums, welches eine 3-Strikes-Methode auch für Deutschland für möglich hält. Das dürfen wir nicht zulassen“, so die Informatikerin Aschenbrenner. Die Abstimmung im Europäischen Parlament ist zunächst für Juni angesetzt, nach Meinung von ExpertInnen wird die Debatte aber eher länger dauern. Die Jusos Bayern werden bis dahin und natürlich dann auch während den Ratifizierungsverhandlungen in Deutschland (wenn es so weit kommt) massiv einbringen. „Wir sehen ACTA sehr kritisch und arbeiten gemeinsam an alternativen Lösungen für das Urheberrecht“, so Aschenbrenner abschließend. Für dieses Thema wird es auf dem ausgebuchten bayernweiten Basiskongress der Jusos Bayern vom 24. bis 26. Februar 2012 in Nürnberg einen eigenen Workshop geben.