Eine reaktionäre Ansammlung rassistischer Forderungen – Jusos Bayern kritisieren geplantes bayerisches „Integrationsgesetz“

01. April 2016

Die Jusos Bayern kritisieren den Entwurf für ein bayerisches Integrationsgesetz scharf. Juso-Landesvorsitzender Tobias Afsali erklärt: „Der vorgelegte Entwurf ist nichts anderes als eine reaktionäre Ansammlung rassistischer Forderungen. Der Gesetzesentwurf gibt vor, zur Integration von MigrantInnen beizutragen, ist letztlich aber vor allem Ausdruck einer grundsätzlich rassistischen Haltung, die Migration in erster Linie als Problem und nicht als Bereicherung ansieht. Besonders erschreckend ist die Art und Weise in der das Gesetz Migrantinnen und Migranten zur Loyalität gegenüber dem „Volk“ und einer „bayerischen Leitkultur“ verpflichten will. Diese politischen Begrifflichkeiten und Kategorien sind überholt und ohne eine völkische Geisteshaltung nicht einmal definierbar.“

Die Jusos Bayern sind besonders erstaunt darüber, dass selbst deutsche StaatsbürgerInnen, die einen Großelternteil haben, der nach 1955 eingewandert ist, im Gesetzesentwurf teilweise als MigrantInnen gelten. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich im Jahr 2016 solche Denkmuster in einem Gesetzesentwurf wiederfinden: Rechtliche Pflichten eines Menschen an den Geburtsort des Großvaters oder der Großmutter zu knüpfen, ist absurd“, erklärt Afsali unter Hinweis auf die Vorgaben in Art. 6 des Gesetzesentwurfs, der Enkelkinder von nach Deutschland eingewanderten Menschen unter Androhung von Bußgeldern für die Eltern zu „Sprachstandserhebungen“ verpflichtet. „Unter dem Deckmantel der ‚Förderung‘ wird nichts anderes als eine Zwangsassimilation betrieben, der wir uns klar verwehren“, stellt Afsali klar.

Der Gesetzesentwurf schränkt weiterhin die Meinungsfreiheit von Einwanderinnen und Einwanderern ein. So sollen nicht näher konkretisierte „demonstrative Regelverstöße“, die keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellen, verfolgt werden. Dass die Autorinnen und Autoren des Gesetzesentwurfs den juristischen Bestimmtheitsgrundsatz kennen, bezweifeln die Jusos Bayern angesichts derartiger Formulierungen vehement. „Angesichts der nach wie vor eklatanten Diskriminierung von Frauen in Deutschland sind wir offen für die Forderung nach verpflichtenden Gleichstellungsseminaren“, betont Afsali. „Diesen Maßnahmen müssten sich im Zweifel natürlich auch Menschen unterziehen, die schon seit 15 oder 20 Generationen deutsche Wurzeln haben. „Wenn Sexismus – wie es im Gesetzesentwurf offensichtlich der Fall ist – wieder einmal dazu missbraucht werden soll, um Vorurteile gegenüber Migranten zu schüren, machen wir nicht mit.“

Der Gesetzesentwurf sieht weiterhin vor, Ausländerinnen und Ausländern den Zugang zu Schwimmbädern, Bibliotheken und anderen öffentlichen Einrichtung verweigern zu dürfen, wenn diese nicht ausdrücklich die geltenden Vorschriften unterstützten. „Dass sich ausländisch aussehende Menschen zukünftig für den Zutritt zu öffentlichen Einrichtungen einer Identitäts- und Gesinnungsprüfung unterziehen lassen sollen, erinnert an dunkelste Zeiten der deutschen Geschichte. Im öffentlichen Raum haben alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten – ganz gleich wo sie selbst, ihre Eltern oder Großeltern herkommen oder wie sie aussehen“, so Afsali.

Eine grundsätzliche Misstrauenshaltung gegenüber Einwanderinnen und Einwanderern zieht sich durch den gesamten Gesetzesentwurf. Einwanderinnen und Einwanderern wird pauschal unterstellt, sich nicht integrieren zu wollen und es ist ein umfangreicher Sanktionskatalog geplant. Den Gipfel an offener Diskriminierung sieht Afsali u.a. in der Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG), welche Art. 17a des Entwurfs vorsieht. „Der Polizei werden Befugnisse eingeräumt mit polizeilichen Maßnahmen gegen Asylbewerber und AusländerInnen vorzugehen, ohne dass von diesen eine ‚konkrete Gefahr‘ für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen muss. Das ist staatlich verordneter Rassismus.“

Die Jusos Bayern fordern statt dieser Repressalien echte Maßnahmen, die eingewanderten Menschen helfen. „Statt Eingewanderte pauschal zu verunglimpfen, wie es dieser Gesetzesentwurf vorsieht, braucht es für gelungene Integration eine sichere Bleibeperspektive und endlich eine ausreichende Finanzierung der Geflüchtetenhilfe, insbesondere der Sprachkurse. Einwandererinnen und Einwanderer zu entrechten, wie es hier vorgesehen ist, bewirkt das Gegenteil von Integration.“

Die Jusos Bayern bezweifeln die Verfassungsmäßigkeit des Entwurfes für ein Bayerisches Integrationsgesetz. Landesvorsitzender Tobias Afsali: „Das Inkrafttreten eines solchen rassistischen Gesetzes werden wir mit allen Mitteln verhindern. Es ist an der Zeit, dass auch die CSU endlich anerkannt, dass es in Bayern keine undefinierbare ‚bayerische Leitkultur‘ gibt, der alle verpflichtet sind, sondern alle Menschen das Recht auf eine eigene Lebensgestaltung mit individuellen Wertvorstellungen haben!“