“Jusos drängen auf 60.000 Euro Grunderbe für alle Erwachsenen”, so titelte der Spiegel Anfang November unseren Beschluss auf dem Bundeskongress 2023. Es war unser Anfang des plakativen Kampfes für Vermögensgerechtigkeit. Insbesondere für junge Menschen in weiten Teilen Deutschlands, die nicht das Glück haben, ein Vermögen vererbt zu bekommen.
Es soll aber weniger die Geschichte des Negativen, des Schlechten oder des Abstiegs sein, dass wir als Jusos erzählen sollten, sondern vielmehr eine Geschichte vom positiven Vermögensaufbau und Zugang zu Eigentum. So geht der Idee und Debatte über das Grunderbe viel mehr einher. Nämlich ein Vermögensbegriff, den wir als Jusos definieren müssen, um noch stärker unsere Antwort auf drängende Probleme zu platzieren.
Es ist weitgehend bekannt, wie ungerecht die Gesellschaft - deutschlandweit, europaweit, gar weltweit - ist. Denn wir leben in einem System, in dem der Aufstieg oft deutlich schwieriger und unwahrscheinlicher ist als der eigene wirtschaftliche Abstieg. Auch das war Teil unserer Analyse, die wir zu Beginn unseres Prozesses Anfang 2024 gestartet haben. Angefangen beim Grundlagenwochende in Passau, über das Vermögenswochende in Schweinfurt zu weiteren Veranstaltungen digital und in den Bezirken.
Was im Prozess klar geworden ist, ist der Wunsch vieler Jusos, neben Begrenzung und Besteuerung auch andere Wege zu finden, das Geld besser und fairer zu verteilen. Trotzdem hat sich auch herauskristallisiert, dass die Meinungen über den letztendlich beschlossenen Antrag vielfältig sind. Für die Einen gehen unsere Vorschläge zur Vermögenssteuer nicht weit genug, für die Anderen sind die Freibeträge zu hoch und wiederum andere bemängeln die Vermögensobergrenze als zu unkonkret bis zu radikal.
Wo wir jedoch weitgehend einig waren, war die anfangs erwähnte Debatte über unseren Vermögensbegriff. Doch was heißt das überhaupt?
Mit unserem Vermögensbegriff wollen wir die Grundlage legen, um Fragen nach Eigentum und Vermögen zu beantworten. Fragen nach der Verteilung zwischen der privaten und öffentlichen Hand. Fragen danach, wie wir als Jusos zum Wunsch vieler Menschen stehen, auf ein Vermögen hinzuarbeiten, ein Eigenheim oder ein solides Aktiendepot zu besitzen.
Die glasklare Einigung war, dass wir als Jusos Bayern zu einem positiven Vermögensbegriff stehen. Wir stehen dazu, dass der Wunsch nach privatem Eigentum berechtigt und förderbar ist. Dass es Stabilität und Sicherheit bedeuten kann. Aber auch, dass es Bestrebungen nach Eigentum und Vermögen gibt, die schädlich für uns als Gesellschaft sein können und daher wiederum nicht gefördert werden sollten.
In unserem Vermögensbegriff wird dabei nicht der Kampf zwischen privaten und öffentlichen Eigentum geführt, sondern klar die Grenze definiert: “Die Grundversorgung [...] darf niemals vom individuellen Vermögen abhängig sein, sondern muss durch [...] die Solidargemeinschaft gewährleistet sein.”
Dieser positive Begriff muss nun der nächste Schritt der plakativen Antworten auf die Bekämpfung von Vermögensungerechtigkeit und für Umverteilung sein!
Denn der Ruf nach einer Vermögenssteuer, nach einer gerechteren Erbschaftssteuer und einer Vermögensobergrenze mögen - wie viele linke Ideen - beliebt sein, gewinnen politisch jedoch keine tatsächlichen Mehrheiten oder Wahlen.
Stattdessen gewinnen Angst und Sorge vor dem sozialen Abstieg, der nächsten Wirtschaftskrise und der Wohnungsnot. Es gilt also, diese Probleme zu adressieren.
Dafür müssen wir uns als Jusos auch klug anstellen und die Debatten führen, die uns unserem Ziel näher bringen. Das Ziel - eine demokratisch-sozialistische Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung - wird nur durch Reformen und den gesellschaftlichen als auch politischen Willen erreicht werden können. Es ist daher wichtig, dass wir unsere Lösungen alltagsnah präsentieren und den politischen Willen innerhalb unserer Mutterpartei gemeinsam hervorbringen. Deshalb wird der Juso Bundeskongress auch entscheidend sein!
Den Vermögensantrag, den wir gemeinsam beschlossen haben, wird wohl einer unserer priorisierten Anträge für den Bundeskongress 2024 sein. Aufbauend auf dem plakativen Erfolg vom Grunderbe, werden wir trotzdem noch tiefgreifendere Lösungen für soziale und wirtschaftliche Probleme finden müssen. Ansätze dafür sind zum Beispiel unsere Maßnahmen zur Demokratisierung, zum erleichterten Vermögensaufbau und der Eigentumsförderung. Und daher gilt es auf dem Bundeskongress diese Gemeinsamkeiten zu finden, um die Debatte sowohl in die Partei als auch in die Gesellschaft zu tragen.
Und da gilt es - ganz selbstkritisch - die Perspektiven jedes einzelnen Mitglieds besser bei uns zu nutzen. Jeder von uns ist Teil gewisser Gesellschaftsgruppen (Freunde, Familien,...), Teil der Zivilgesellschaft und der allgemeinen gesellschaftspolitischen Debatte. Unser Verband muss und wird daher erstmal Wege finden müssen, all die 70.000 Jusos zu überzeugen und zu bewegen.
Erst wenn das gelungen ist, wird unsere politische Arbeit auch nach außen hin erfolgreich sein.
Ihr habt Rückmeldungen oder Fragen zum Blog-Beitrag? Dann schreibt gerne tolga.dalkilic@jusos-bayern.de