„Das wurde schon immer so gemacht“ - oder „Warum Kommunalpolitik jungsozialistische Impulse braucht“

Sebastian Rüthlein, dritter Bürgermeister in Zell a. Main

  • Zu Beginn erstmal: Wer bist du? Wo kommst du her? Welches kommunales Amt bekleidest Du und wie lief eigentlich Dein erster Kontakt mit den Jusos ab?

Ich bin Sebastian Rüthlein, 32 Jahre alt, aus Zell a. Main (Landkreis Würzburg). Ich bin seit 2008 Marktgemeinderat und seit 2014 Dritter Bürgermeister in Zell a. Main. Ich kandidiere 2020 für das Amt des Ersten Bürgermeisters. Mit den Jusos hatte ich bereits kurz nach meinem Parteieintritt 2005 Kontakt und war auch immer mal wieder im Unterbezirksvorstand der Jusos Würzburg-Land Mitglied, derzeit bin ich dort stellv. Vorsitzender. Aktiver Juso wurde ich über die Arbeit vor Ort, wenn wir bei den Menschen aufgetreten sind und lokale Themen aufgegriffen haben. Zum Beispiel Vorträge gegen Rechtsextremismus, Erprobung von Nachtbuslinien, Politische Bildung von Jugendlichen.

  • Wie kamst Du denn in die Kommunalpolitik?

Meinen ersten Antrag an den Gemeinderat habe ich im Alter von zehn Jahren gestellt: Ich wollte verhindern, dass unser Stamm-Spielplatz platt gemacht wird. Es war leider erfolglos. Aber es kamen später wenigstens neue Spielgeräte. Sicher hat auch viel mein Großvater mit meiner Politisierung zu tun: Er war 18 Jahre Erster Bürgermeister und hat die Gemeinde überschuldet übernommen. Dank ihm haben wir inzwischen sogar Rücklagen. Wir können trotz gemeinsamer politischer Heimat herzlich diskutieren: Ich möchte Ausbau und Kostenfreiheit von KiTa und schulischer Mittagsbetreuung. Er verteidigt die schwarze Null, damit sowas überhaupt finanzierbar ist.

  • Man munkelt es gehe in kommunalen Gremien nicht nur um Parkbänke oder Baugenehmigungen. Was ist Dein Aufgabengebiet und was macht Dir am meisten Spaß?

In der letzten Legislatur war ich Jugendreferent meiner Fraktion. Ich war Ansprechpartner der Jugendlichen, habe das Jugendzentrum mitgestaltet und Jugendvertretungsgremien organisiert. Hochoffiziell mit den Kindern neue Spielgeräte oder Skatebahnen testen waren Highlights :) Inzwischen bin ich stellvertretender Fraktionssprecher und organisiere unsere Arbeit: Anträge schreiben, Sitzungen und Gespräche terminieren, Meinungen moderieren. Besonders Spaß machen mir die Bürgermeistervertretungen: Bei netten Mitbürger*innen zum 80. Geburtstag gratulieren, sie kennen lernen und ihre Geschichte anhören. Auf Vereinsversammlungen den Ehrenamtler*innen den Dank der Gemeinde ausrichten und ihr offenes Ohr sein.

  • Was würde Dich richtig Stolz machen, es in Deiner Zeit als Kommunalpolitiker*in durchsetzen zu können? Oder hast Du das vielleicht schon erreicht?

Kurz nach meinem Einzug in den Rat 2008, haben wir den Antrag gestellt eine neue KiTa zu errichten. Der Bedarf war enorm, viele Eltern standen ohne KiTa-Platz da. Es gab ein gemeindliches Grundstück, das genau dafür vorgesehen war. Die CSU-Verwaltung hat dann konstruiert, es sei keine Feuerwehrzufahrt möglich, der Bau nicht genehmigungsfähig. Die Mehrheit aus CSU und FW lehnten den Antrag damit ab. Als die CSU-Verwaltung zehn Jahre später selbst den Antrag auf KiTa-Neubau auf demselben Grundstück gestellt hat, war die Feuerwehrzufahrt kein Problem mehr. Das war ein später Erfolg, vor allem aber eine Lehre, wie Kommunalverwaltungen politisch instrumentalisiert werden können.

  • Warum ist es wichtig, dass gerade Jusos für kommunale Ämter kandidieren?

Ich bin bekennender Linker, aber hatte mit der Juso-Gremienarbeit so meine Schwierigkeiten. Mir ist es zum Beispiel lieber, tatsächlich Frauen für die Ratsarbeit zu gewinnen, als stundenlang darüber zu diskutieren, ob eine Geschlechter- oder eine Frauenquote das richtige Instrument dafür ist. Ich sehe auch wenig Sinn darin, einen LaKo-Antrag auf kostenlosen ÖPNV tagelang im Wortlaut auszufeilen, wenn in manchen Kommunen nur drei Busse am Tag fahren und diese noch nicht einmal barrierefrei zugänglich sind. Die Menschen brauchen linke und junge Ideen. Aber nur auf dem Papier sind unsere Ideen wertlos. Deshalb: Jusos in die Kommunalparlamente!

  • Zu guter Letzt: Dein Pro-Tipp für alle zukünftigen Kommunalpolitiker*innen?

Sei informiert über das Ortsgeschehen. Dabei hilft der regelmäßige Kontakt zu Jung und Alt in der Gemeinde. Sei sachkompetent, in dem was du sagst und tust. Dabei helfen Juso-Seminare, der Rat erfahrener Genoss*innen und eigene Recherche. Wenn du kannst: Besuche die Kommunalakademie von SGK und SPD-Parteivorstand. Und am wichtigsten: Bleib deinen Idealen treu und lass dir von keinem was gefallen.