Warum Abschiebungen kein Mittel im Kampf gegen Islamismus sind

Am Abend des 23. August 2024 erstach ein 26-jähriger, aus Syrien stammender islamistischer Terrorist während eines Konzerts beim Stadtfest in Solingen drei Menschen und verletzte acht weitere, vier davon lebensgefährlich. Solingen, Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland wurden von dem fürchterlichen, hasserfüllten Anschlag, den wir zutiefst verurteilen und dessen Opfern wir weiterhin gedenken, erschüttert.

Die Debatte, die durch dieses Attentat, aber auch andere extremistische Gewaltakte losgetreten wurde, beschäftigt sich aber weder mit den Fragen, wieso Menschen extremistisch werden oder wie man diese Vorgänge vorbeugen, möglichst schnell unterbrechen und die Menschen deradikalisieren kann, sondern mitder scheinbar einfachen Lösung: möglichst viele Menschen abschieben.

Geflüchtete werden hier mit sogenannten “Gefährdern” gleichgesetzt und allen generell zumindest die Möglichkeit der Radikalisierung unterstellt. Und somit wird das sehr reale Problem des Islamismus nicht bekämpft, sondern Geflüchtete zurück in die Länder geschickt, in denen sie mit ihren sehr realen Problemen, die in vielen Situationen ja selbst durch Islamismus ausgelöst wurden, alleine gelassen werden.

Abschiebungen sind nicht nur eine kurzsichtige Lösung, sie sind gar keine Lösung. Sie tragen nichts zur Bekämpfung der Ursachen von Extremismus bei. Wer glaubt, dass Abschiebungen die Sicherheitslage verbessern, ignoriert die tieferliegenden Probleme, die Radikalisierung und Extremismus in unserer Gesellschaft überhaupt erst ermöglichen.

1. Islamismus lässt sich nicht abschieben

Islamismus ist ein globales Phänomen, das durch Netzwerke, soziale Medien und Propaganda verbreitet wird. Abschiebungen bekämpfen diese Ideologie nicht. Es ist naiv zu glauben, dass das Problem gelöst ist, sobald Einzelne außer Landes gebracht wurden. Die Strukturen, die Radikalisierung ermöglichen – soziale Ungleichheit, Ausgrenzung und fehlende Perspektiven – bleiben bestehen. Abschiebungen sind also keine Lösung, sondern eine Symptombekämpfung, die uns nicht voranbringt.

2. Radikalisierung ist oft hausgemacht

Viele der Menschen, die sich radikalisiert haben, sind in Deutschland oder anderen europäischen Ländern aufgewachsen. Ihre Radikalisierung entsteht oft aus sozialer Ausgrenzung, mangelnder Teilhabe und Perspektivlosigkeit. Wer glaubt, dass die Abschiebung eines Einzelnen die Ursache von Extremismus beseitigt, verkennt, dass diese Probleme in unserer eigenen Gesellschaft tief verwurzelt sind. Statt auf Abschiebung zu setzen, muss die Politik Maßnahmen ergreifen, die soziale Gerechtigkeit fördern, Integration stärken und Perspektiven für alle schaffen – besonders für junge Menschen, die Gefahr laufen, vor allem über Soziale Medien in extremistische Ideologien abzudriften.

3. Abschiebungen in unsichere Länder sind menschenrechtswidrig

Die geplanten Abschiebungen in Länder wie Afghanistan, die von Terror und Krieg zerrüttet sind, widersprechen jeder humanitären und sozialdemokratischen Grundüberzeugung. Afghanistan ist eines der unsichersten Länder der Welt, und Menschen dorthin abzuschieben, bedeutet, ihr Leben massiv zu gefährden. Eine sozial gerechte Politik darf niemals die Verantwortung für die Sicherheit und das Leben von Menschen aufgeben, egal welche Taten sie begangen haben. Als Jungsozialist*innen stellen wir uns gegen jede Politik, die Menschenrechte missachtet und in unsichere Verhältnisse abschiebt.

4. Abschiebungen verstärken das Gefühl der Ausgrenzung

Abschiebungen können extremistische Narrative sogar stärken. Viele der Menschen, die sich radikalisieren, tun dies, weil sie das Gefühl haben, von der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein. Abschiebungen verstärken diese Dynamik der Ausgrenzung und schaffen neue Feindbilder, die von Extremisten instrumentalisiert werden. Anstatt die Spirale von Ausgrenzung und Radikalisierung weiter anzutreiben, müssen wir alles daran setzen, Integration und soziale Teilhabe zu fördern. Nur so können wir den Nährboden für extremistische Ideologien entziehen.

5. Prävention statt Repression: Was wirklich hilft

Statt auf Abschiebungen zu setzen, brauchen wir eine Politik, die Prävention und Integration in den Mittelpunkt stellt. Was wir brauchen ist ein umfassender Ansatz, der die Ursachen von Radikalisierung bekämpft:

Bildung und Aufklärung: Junge Menschen müssen gestärkt werden, damit sie gegen extremistische Ideologien geschützt sind. Demokratiebildung, politische Bildung und Aufklärung über die Gefahren von Extremismus sind hier der Schlüssel. Soziale Gerechtigkeit und Teilhabe: Wer in der Gesellschaft Perspektiven hat und sich als Teil eines Ganzen fühlt, wird sich nicht leicht radikalisieren. Wir müssen gerechte Chancen für alle schaffen – durch gute Bildung, Ausbildung und soziale Gerechtigkeit. Deradikalisierungsprogramme: Statt Menschen abzuschieben, sollten wir auf Resozialisierung setzen. Programme, die Aussteiger*innen unterstützen, bieten die Möglichkeit, extremistische Ideen hinter sich zu lassen und zurück in die Gesellschaft zu finden. Stärkung der Zivilgesellschaft: Lokale Initiativen, Moscheegemeinden und Jugendprojekte müssen gestärkt werden, um direkt vor Ort Extremismus entgegenzuwirken und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.

Fazit

Abschiebungen sind keine Lösung im Kampf gegen Islamismus – sie bekämpfen weder die Ursachen von Extremismus noch tragen sie zu einer sichereren Gesellschaft bei, es ist nur ein Nachgeben gegen rechte Narrative. Wir brauchen eine Politik, die auf soziale Gerechtigkeit, Prävention und Teilhabe setzt. Wer Menschen ausgrenzt und abschiebt, stärkt am Ende nur die extremistischen Strukturen, die wir eigentlich bekämpfen wollen. Der Kampf gegen Islamismus beginnt nicht an den Grenzen, sondern in unseren Städten, Schulen und Gemeinschaften – durch Bildung, soziale Teilhabe und den Schutz der Menschenrechte. Wir fordern die SPD auf, den Weg zu ihren sozialdemokratischen Grundwerten zurückzufinden.